Lot 8 Familienfest

(1858 - 1925)
Created: 
1898
Öl auf Leinwand, 125 x 595 cm
  Signiert und datiert: ANNO DOMINI 1898. E. VEITH.
Provenienz: Schloss Kufstein

Eduard Veith wird am 30. März 1858 in Neutitschein geboren und wächst im Kronland Mähren auf. In Wien studiert er an der k. k. Kunstgewerbeschule des k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie und ist wie Gustav Klimt, Franz Matsch und Ernst Klimt Schüler von Ferdinand Laufberger. Studienreisen führen Veith unter anderem nach Paris, Italien, Belgien und Nordafrika.
Stilistisch steht der Maler in der historistischen Nachfolge Hans Makarts, Carl von Pilotys oder Anselm Feuerbachs, der auch für einige Jahre in Wien tätig ist. Wie diese gehört Veith zur Ausstattungsmalerei der Wiener Gründerzeit. Doch während Makart an barocken Vorbildern und Feuerbach an der venezianischen Malerei anknüpft, orientiert sich Veiths oft mythologisch motivierte Historienmalerei an Symbolismus und Rokoko und mündet in die Malerei des Wiener Jugendstils, in der er eine führende Stellung einnimmt. Nach Klimt und Matsch steigt Eduard Veith zu einem der meistbeschäftigten Maler auf. Die Gemälde Huldigung der Vindobona, Bekränzung des Dichters Raimund und der Hauptvorhang, alle im 1889 erbauten (Deutschen) Volkstheater zählen zu seinen wichtigsten Werken. Wandbilder und Ausstattungen im Theater Ronacher, zahlreiche Deckengemälde im Maria-Theresien-Saal der Neuen Hofburg und die Schwimmhallendecke des Dianabades werden von Veith ausgeführt. Kulturhistorisch bedeutende Werke entstehen auch am Prager Deutschen Theater und im Theater Unter den Linden in Berlin.
Anerkennung erntet Veith jedoch nicht nur mit angewandter Malerei, mit der ihn die bekannten Theaterarchitekten Fellner und Helmer betrauen, sondern auch durch viele private Äufträge. Er malt für Gutmann und Rothschild, für Dobner und Seilern, führende Familien der k. k. Monarchie.
Neben dem Reichel-Preis, verliehen im Wiener Künstlerhaus durch das Kollegium der Akademie, erhält Veith den Kaiserpreis, den Kaiser Franz Joseph I. selbst aus dem Allerhöchsten Privat- und Familienfonds dotiert. Veith erringt Goldene Medaillen auf Internationalen Kunstausstellungen in Antwerpen, Berlin und Wien, sowie Gold- und Bronzemedaille in Paris. Er wird Mitglied im Künstlerhaus Wien und ordentlicher Professor für Aquarellieren und Landschaftszeichnen an der Technischen Universität. Am 18. März 1925 stirbt Eduard Veith an seinem Wohnort Wien-Döbling.

Sowohl aus stilistischer Sicht als auch in Bezug auf das außergewöhnlich große Format und die Malweise zählt das Familienfest zweifelsfrei zu den Hauptwerken des Künstlers. In Leben und Werk von Eduard Veith dominieren ähnliche Aufgaben wie für die neobarocke Malerei Hans Makarts, den bis 1884 vorherrschenden Maler Wiens. Veiths Malweise zeigt jedoch ein historisierendes Spezifikum. In der liberalen Grundstimmung des Fin de Siècle leben Stile wie Romantik und Biedermeier ebenso wieder auf wie das Neurokoko. Dieser Pluralismus zieht sich nicht nur durch das Oeuvre des Malers sondern auch durch Österreichs Malerei des ersten Jahrzehnts im zwanzigsten Jahrhundert. Veith versteht es im vorliegenden Bild Elemente des Rokoko mit allegorischer Personifikation, mit symbolistischer Aufladung zu verbinden. Räumliche Tiefe der Landschaftsausblicke und dekorativer Flächenbezug werden eins. Selbst der Duktus reicht von detailrealistischer Malweise bis hin zum sichtbaren Strich. Stilistisch zeigt sich ein relevanter Aspekt der Wiener Malerei. Die Symbiose von „Drittem“ Rokoko mit dem aktuellen Jugendstil.

Horizontal und symmetrisch gegliedert stellt uns das Bild sieben Figurengruppen vor.
In der linken Hälfte nähert sich ein altes Paar, daneben windet ein Mädchen einem zweiten Blumenkränze ins Haar. Dies beinhaltet mehrere Gleichnisse. Der Allegorie des Alters, betagte Eheleute, wird die der Jugend als Blumenmädchen gegenübergestellt. Dazwischen waltet eine Frau mit einem Kaffeetablet, die umsorgende Hausfrau und Mutter, geltend als unantastbar heiles Bild. Sie hat das Kind mit dem Servieren des Festtagskuchens betraut. Werden und Blühen des Menschen blickt somit auf den Ausklang, auf sein Vergehen. Ein Lebenskreis an Pflichterfüllung.
In der rechten Hälfte musiziert ein Veteranen-Trio aus Flötist, Trompeter und Baßgeiger für drei Paare zum Tanz. Davor vergnügen sich Kinder bei ihrem Spiel an dem reich mit Blumen geschmückten Tisch. Kapelle, Tänzer und Kinderspiel, sie alle stehen für reine Lebensfreude, Ungebundenheit, Pflichtlosigkeit.
Die Mittelgruppe zeigt uns die Familie selbst. Vor dem Schutz versprechenden häuslichen Heim, einesteils als klassizistische Kulisse, wendet uns der Vater den Rücken zu. Seine Aufmerksamkeit gilt dem Knaben auf seinem Oberschenkel. Die Mutter reicht ihm den Apfel, während sie das Brüderchen schützend auf ihrem Schoß hält. Beide Kinder scheinen nur mit einer Art Taufkleid bedeckt. Der Apfel, Symbol für Fruchtbarkeit, zugleich für biblische Versuchung, wird für Kinder und Eltern zum Objekt scheinbar sorglosen Spiels. Doch Vanitas, die Vergänglichkeit, liegt gleich daneben auf dem Tisch, als gebrochener Blütenzweig.
Etwas irritierend wirkt der grell beleuchtete und schon bedeckte Himmel. Er scheint von Unheil zu künden, obwohl das Geschehen unbeirrt seinen Lauf nimmt. Der allegorische Fundus der Darstellung zeichnet ein Sinnbild von Lebensglück, zu dem selbst Alter und Ende des irdischen Daseins gehören. In der heilen Welt des Familienfestes verbirgt sich somit der ganze Kosmos menschlichen Seins. Lebensmorgen und Lebensabend, Aufstieg, Blüte und Vergänglichkeit.

Obwohl die Provenienz eines Vorbesitzes bekannt ist, konnte der einstige Auftraggeber noch nicht ermittelt werden. Es handelt sich wohl um ein Gruppenporträt. Verschiedene Anlassfälle kommen in Betracht. Es könnte zu einer Kindstaufe entstanden sein. Denkbar wäre auch eine Art Verlobungs- oder Vermählungsbild. Das alte Paar als Symbol für dauerhafte Verbindung würde darauf verweisen, ebenso die Blumenmädchen, das Aufspielen zum Tanz, wie bei einer derartigen Feier üblich. Die Figur eines Priesters als Vollstrecker des ehelichen Institutes ist jedoch nicht zu finden. Auch die Darstellung der in diesem Fall unehelich geborenen Knaben wäre so kaum bildwürdig geworden.
Somit liegt die Vermutung nahe, dass es sich hier um ein privatimes Familienbild handelt. Gleichsam die Huldigung des Künstlers an das Ideal Familie selbst. Die Züge des Vaters weisen eine annähernde Ähnlichkeit mit Selbstbildnissen Eduard Veiths aus dieser Zeit auf. Der wahre Kern hinter der allegorischen Erhöhung verbirgt sich noch im Dunkeln. In jedem Fall bleibt die allgemein gültige Bildaussage bestehen. Das Ideal des menschlichen Lebens liegt in der Familie, Kinder gelten als die Vollendung des Glücks.

(Dr. Bernhard Barta)
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2.200.000 Kč / 82.397 EUR

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